Man geht nicht zu Trauerfeiern für Menschen, die man nicht persönlich kannte, Punkt. Eine Ausnahme von dieser Benimmregel ist jedoch gestattet: Wenn das befreundete Oberkreuzberger Nasenflötenorchester eingeladen wird, bei einem solchen Anlass »Goodbye, Ruby Tuesday« zu pfeifen, da darf man sich anschließen. Weil ja doch immer was passiert. Und in diesem speziellen Fall: weil Fritz Teufel eigentlich vermutlich ziemlich okay war.
Das Stück habe er sich gewünscht, wird Ulrich Enzensberger später beim Umtrunk im Brecht-Haus erzählen, denn für die K1 hatte es eine ganz spezielle Bedeutung: Am Anfang hatte die Kommune noch im Steglitzer Domizil des Schriftstellers Uwe Johnson gewohnt, wo auch das sogenannte Pudding-Attentat geplant und vorbereitet worden war. Als der in den USA weilende Hauptmieter dann jedoch in der New York Times las, dass in seiner Wohnung schrecklich gefährliche Terroristen hausen, kündigte er der K1 auf der Stelle. Übergangsweise zog die Kommune nach Kreuzberg. Besonders gut ging es ihnen dort nicht, alles sei so ungewiss gewesen, sagt Enzensberger rückblickend. Ob die Staatsanwaltschaft, animiert durch die aufgeregten Schlagzeilen der Springer-Presse über das geplante Attentat, tätig werden würde, war unklar – und so taten die Kommunarden das, was in der Situation am vernünftigsten schien, nämlich erst einmal nichts. Untermalt von dazu passender Musik, unter anderem dem Rolling-Stones-Hit »Ruby Tuesday«. Rauf- und runtergespielt habe man ihn, erinnert sich Enzensberger. Und so singen denn auch einige der Trauergäste beim Verlassen der Kapelle Zeilen wie »Lose your dreams and you will lose your mind« ganz automatisch mit.
Die B.Z., die einen Tag später auf ihrer Titelseite mit der üblichen scheinheiligen Empörung berichtete, die Nasenflöten und Dieter Kunzelmann hätten auf dem Friedhof gekifft, war übrigens zur anschließenden Feier nicht zugelassen. Und weiß daher nicht, wer wem dort Schläge angedroht hat. Haha.
Der Text erschien zuerst in der Rubrik "Raucherecke" der Wochenzeitung Jungle World
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